Als erste Frau bestieg die Baskin Edurne Pasaban alle 14 Achttausender der
Welt. Am 17. Mai 2010 besetzte sie mit dem Gipfel des Shishapangma den letzten
Zacken ihrer Himalaya-Krone. Allerdings benötigt sie für zwei der Gipfel
Flaschensauerstoff – für manche ein alpinistischer Faux-pas. In Spanien als
Nationalheldin frenetisch gefeiert, bezahlt sie privat einen hohen Preis für
den Erfolg: Erfrierungen an den Zehen führen zu Amputationen.
Persönliche Beziehungen zerbrechen, auf die eigene Familie muss die 1973
geborene Spanierin bisher verzichten. Gegenwind stürmt ihr nicht nur aus
Steilflanken entgegen. Greifbare und weniger greifbare Widerstände gehören zum
Tagesgeschäft: Sie muss um alpinistische Anerkennung kämpfen, dem Neid der
Kollegen um Sponsorengelder begegnen, sich in einer Männerdomäne behaupten –
gerade im Land der «Machistas» verkörpern bergsteigende Frauen einen Angriff
auf die sportliche Integrität männlicher Kollegen.
Doch weit spannender als das Tourenbuch oder die Höhenmeterbilanz ist Edurnes
Weg als Mensch: Als Kind häufig krank und selbstunsicher, erkämpft sie sich
erst über das Klettern und Extrembergsteigen ein eigenes Selbstbewusstsein,
innere Stärke und die Freiheit der eigenen Entscheidung. Mit Rückschlägen:
2005 stürzt sie in tiefe Depressionen und versucht schliesslich, sich das
Leben zu nehmen. Doch sie macht Therapie, arbeitet an sich und kehrt zum Berg
zurück. «Nur dort oben bin ich wirklich frei!», sagt sie bis heute.
Parallel studiert sie in Barcelona Coaching und Management – und legt damit
den Grundstein für ein neues Leben als Businesscoach. Auch hier feiert sie
internationale Erfolge, unterrichtet Studenten und hält Vorträge auf Symposien
und Kongressen: Themen wie Scheitern und Motivieren stehen in Zeiten der Krise
hoch im Kurs. Das größte Kapital jedoch ist ein persönliches: Sie hat gelernt,
Vertrauen zu haben – vor allem zu sich selbst. Auch wenn die Wahl zwischen
Bergpassion oder Familie bis heute keine leichte ist.
238 Seiten, 45 Abb. ein- und vierfarbig