Visual Dualism – der Titel des Buches suggeriert, dass es vor allem Formen
visueller Kontraste vor Augen führt. Tatsächlich leistet es jedoch viel mehr,
denn es konfrontiert uns mit der grundlegenden Verfassung menschlicher
Wahrnehmung und deren Deutung. Menschen nehmen vor allem über die Sinnesorgane
wahr und brauchen Kontraste, um diese Informationen interpretieren und
Qualitäten erkennen zu können: Groß und klein, hell und dunkel, laut und
leise, dick und dünn, voll und leer, Umriss und Fläche, Raum und Form,
natürlich und künstlich – die Reihe ließe sich endlos fortsetzen, weil sie die
Grundlage bildet für die menschliche Wahrnehmung schlechthin.
Künstler wissen das und nutzen diesen Spielraum, um uns erleben zu lassen,
dass die Welt, in der wir existieren, im Prinzip ein reines Potenzial
darstellt, das in jeder Sekunde neu gedeutet werden will. Sie machen möglich,
dass man neue Zusammenhänge erkennt und angeblich Bekanntes mit völlig neuen
Augen sieht.
In guten Bildern geht es daher nicht ums Abbilden oder Reproduzieren von
Motiven, sondern darum, einen Deutungsspielraum zu schaffen, in dem der
Betrachter das Dargestellte immer wieder auf neue Weise sehen und erleben
kann.
Peter Mathis führt dies in seinen Bildern von den Dolomiten mit meisterhafter
Sicherheit vor Augen. Das dualistische Prinzip der Helldunkelgestaltung bildet
hier einen wesentlichen Schwerpunkt. Er arbeitet mit dem Licht, den dadurch
bedingten Schattenzonen und deren Abstufungen wie ein Maler mit den Farben
seiner Palette.
Mit einem Vorwort von Christiane Schmieger.
Kommentaren und Meinungen von Alex Huber, Ulrike Tappeiner, Stefan Fiedler,
Neil Warner, Jürgen Winkler, Stefan Bundi und Christiane Schmieger.
Visual Dualism – as the title suggests the book especially presents forms of
visual contrasts. However, in reality, it achieves a lot more since it brings
us face to face with the basic constitution of human perception and its
interpretation. Humans primarily perceive through their sense organs and need
contrasts to be able to interpret the information and recognise its qualities:
small and large, light and dark, loud and quiet, thick and thin, full and
empty, contour and space, shape and form, natural and artificial – the list
could go on and on since it builds the basis for human perception, per se.
Artists know this well and use this leeway to allow us to experience the world
in which we live as pure potential that needs to be interpreted anew at every
moment. They enable us to discern new connections and to see the seemingly
familiar things with completely new eyes.
Good pictures are not about the composition or the reproduction of motifs but
about creating that freedom for interpretation wherein the observer can see
and experience the represented object in newer ways, time and again.
Peter Mathis presents this with masterful certainty in his photographs of the
Dolomites. The dualistic principle of the chiaroscuro composition creates the
focal point. He works with light and the resultant shadowed areas and their
grading like a painter with his palette of paints.