Geschichte einer Jahreszeit
Das Grauen vor dem ewigen Eis, die Schönheit unberührter Schneelandschaften,
die Sehnsucht nach winterlicher Reinheit, die Geburt des Alpinismus und des
Wintersports – Bernd Brunner schreibt die erste Kulturgeschichte des Winters.
Während der letzten zwei Jahrhunderte hat sich unser Verhältnis zum Winter
grundlegend geändert. Früher diktierte das Wetter das Leben – heute sind wir
davon weitgehend autark. 2015 gilt als wärmstes Jahr seit Beginn der
Aufzeichnungen; zu Weihnachten schwebten statt Schneef locken Haselpollen
durch die Luft. Mancherorts blühten sogar die Mandelbäume.
Bernd Brunner begibt sich auf die Suche nach Geschichten und Stimmungen des
Winters in verschiedene Weltgegenden und Zeiten, sogar bis zurück zur Eiszeit.
Dabei begegnen ihm viele spannende Phänomene, aber auch Menschen wie der
Amerikaner Wilson A. Bentley, ein Bewunderer des Schnees, der ausdauernd und
in mühevoller Kleinstarbeit 5381 Fotografien von Schneef locken gemacht hat.
Werner Herzog betrieb ausführliche Schneestudien, als er von München nach
Paris wanderte, er notierte zahlreiche Beobachtungen in seinem Tagebuch. Ein
skurriles Phänomen stellt das »Inuit-Paradox« da: Die Inuit ernähren sich
traditionell beinahe ausschließlich von Fleisch. Ihren hohen Energiebedarf
decken sie mithilfe eines besonderen Anpassungsmechanismus, der Fleisch in
Traubenzucker, der sonst aus Kohlenhydraten gewonnen wird, umwandelt.
Aber auch die Gefahren des Schnees werden nicht verschwiegen:
Orientierungslosigkeit in der Schneewüste, Schneeblindheit, Lawinen sowie die
trügerische Wärme eines Schneehohlraums, der Tiere im Winterschlaf vor dem Tod
bewahrt, für Menschen hingegen lebensgefährlich ist.
Spannend und kenntnisreich erzählt Brunner in seinem mit kulturhistorischen
und wahrnehmungsgeschichtlichen Fakten gespickten Buch von der Mythologie des
Winters.