Erzählung
Was sind die Berge? Ein Bergtal? Was ist ein Berg mit seinen Hängen, seinen
Felsen, Geröllhalden, Bergnasen, Tobeln und Winkeln?
Leo Tuor erzählt vom Scheitern eines Jägers und seiner Begleiter in der rauen
Landschaft von Cavrein. In der feuchten, kleinen Hütte mit dem rauchenden Herd
verstauen sie ihren Zweiwochenproviant, brechen morgens in der Dunkelheit auf,
steigen über Alpweiden und Sümpfe, liegen speckkauend in den Felsen,
spionieren mit Feldstechern die Bergflanken ab, schleichen über Geröllhalden
und Felsbänder, stolpern über die Ruinen der Hütte, von der aus Placidus
Spescha den Tödi oder doch besser den Piz Russein in Angriff nahm, über
Tutenchamon und das Kloster Disentis, über Reminiszenzen einer umfassenden
Lektüre über Berge, Tiere, Tod und Literatur von Plinius bis Wittgenstein, von
Dante bis Malaparte. Und über Raskolnikow. Denn «ob eine Literatur etwas taugt
oder nicht, lässt sich daran erkennen, dass man ihren Figuren im Leben wieder
begegnet».
2. Auflg. 2016