Geheimnisvolles Zwergvolk und Wilde Leute in den Alpen und Tälern von Uri,
Schwyz, Nidwalden, Obwalden, Luzern und Zug
Wilde Leute – sie stehen in der Sagenwelt sowohl für mythische als auch reale
Gestalten. Gemeint ist mit „wild“ vor allem das Bedrohliche und Verborgene –
also unwirtliche Gegenden wie Berge, Felshöhlen, Schluchten und Wälder, wo die
„Wilden“ lebten und wirkten.
Die Erzähler machten einst kaum Unterschiede zwischen Erdmännchen und Zwergen
als Geistwesen oder Heiden und Venediger als Realwesen. Die Vermischung von
Gestalten und Motiven zeigt sich in zahlreichen Sagen auch dann, wenn von
ihren Wohnstätten, ihrer Ernährung, ihrer grossen Hilfsbereitschaft oder ihren
eigenwilligen Tänzen berichtet wird.
Die „Wilden“ sollen überdies die Fähigkeit gehabt haben, geheimnisvolle
magische Kräfte einzusetzen: Da wird Butter durch das Schlüsselloch der
Kellertüre gestohlen; aus verschütteter Milch Käse hergestellt, der nie
schwindet; auf dem Heustock Feuer entfacht, ohne dass das Heu brennt; ein
Pulver in Mehlbrei gestreut, das Riesenkräfte hervorbringt. Es wird aber auch
mit einem Jauchzer Schnee angekündigt oder eine Untat mit Regen bestraft.
Hebammen erhalten für ihre Geburtshelferdienste als Lohn grosszügig Kohle oder
Laub, die sich später in pures Gold verwandeln.
An die Sagengestalten der Wilden Leute erinnern heute noch einige Berg- und
Flurnamen und das Brauchtum an der Älplerchilbi: Wildmaa und Wildwyb in
Obwalden und Nidwalden oder Tschämeler in Gersau, Küssnacht und Vitznau.
230 Sagen, 224 Seiten, 52 Bilder