Besessen, sieghaft, umstritten
Herrligkoffer leitete im Verlauf von 33 Jahren 20 Expeditionen vorzugsweise in
den Himalaja und in das Karakorum, die zu den erfolgreichsten ihrer Zeit
gehörten. Zum zehnten Todesjahr erscheint nun dieses Buch über eine wichtige
Phase des klassischen (nicht nur deutschen) Expeditionsbergsteigens.
Obwohl Karl Maria Herrligkoffer kein Extrembergsteiger war, leitete er von
1953 bis 1986 zwanzig Expeditionen, die häufig mit beeindruckenden
Erstbesteigungen und Neurouten heimkehrten. Als Person umstritten und mit den
von ihm angeheuerten Spitzenbergsteigern oftmals im Streit, gehörte er zu den
bedeutendsten Figuren im klassischen Expeditionsbergsteigen, insbesondere am
‹Schicksalsberg der Deutschen›, dem Nanga Parbat.
Karl Maria Herrligkoffer: Der Pionier des Expeditionsbergsteigens Man muss sich die ungeheuren Erfolge Herrligkoffers ins Gedächtnis rufen, um zu begreifen, was dieser Mann auf seiner Habenseite verbuchen konnte. Allerdings musste er diese Erfolge mit den «Gipfelsiegern» (so bezeichnete er sie gern) Buhl, Kinshofer, Mannhardt, den Brüdern Messner, Kuen, Scholz, Engl,Ritter, Bühler, Kukuczka teilen. Weil er besteigen liess. Er holte sich die Besten, musste sie rekrutieren. Denn selbst war er nicht in der Lage, die Achttausendergipfel zu erreichen, von denen er seit seiner Jugend träumte – seit sein Halbbruder Willy Merkl nicht mehr von ihnen zurückkam.
Trotzdem: Die Erstersteigung des Nanga Parbat, die erste Zweitroute an diesem Berg, die erste Durchkletterung der höchsten Steilwand der Erde, der Nanga-Rupalwand, der erste Deutsche ohne Sauerstoff aus der Flasche auf dem Mount Everest, die erste Ersteigung des Nanga-Parbat-Ostpfeilers, eine Neuroute an der Südwand des K 2 – all dies ist auch Herrligkoffers Werk. Er tüftelte anhand von Fotos und vorOrt in der Theorie machbare Anstiege aus, und diese erwiesen sich meist auch in der Praxis für die angeheuerten Spitzenbergsteiger als realisierbar. Herrligkoffer-Unternehmungen verliefen nicht immer erfolgreich aber doch oft. Trotz Auseinandersetzungen zwischen dem Leiter und seinen Alpinisten, die bereits am Berg zu keimen begannen und nach Abschluss der Expeditionen eskalierten. Herrligkoffer hatte die althergebrachten Expeditionsverträge einfach übernommen. Autoritär teilte er ein, wer wo und wann Vorträge zu halten habe und vor allem sicherte er sich selbst das Recht für den offiziellenExpeditionsbericht. Mit ausgeprägten Individualisten und höchst qualifizierten Leistungsträgern im Team wie Hermann Buhl, Reinhold Messner oder Doug Scott konnte er das so nicht handhaben …