«Ich habe keine sensationelle Geschichte zu erzählen», warnt Herbert Tichy
selbst: Keine Abstürze und Erfrierungen und keine spektakulären Gipfelsiege
konnte er nach seiner Rückkehr vorweisen, aber Vertrauen und Freundschaft mit
seinen Reisegefährten – den vier Sherpas Pasang, Adjiba, Gyalsen und Pemba.
Die alpinen oder geographischen Tatsachen treten, so Tichy, «zurück vor der
Erinnerung an Augenblicke eines tiefen Glücks: der erste Anblick des
Dhaulagiri von Norden; der brennende Sonnenuntergang am Fuße des Sisne Himal,
der das gelbe, trockene Wintergras in eine einzige Flamme verwandelte; Pasangs
Händedruck zum Abschied und sein schamhaft gemurmeltes: You come again – now
we friends; komm wieder – jetzt sind wir Freunde.»
Vier Monate waren die fünf «Vagabunden des Himalaya», wie Tichy sich und
seine Kameraden bezeichnete, von Kathmandu westwärts an die indische Grenze
gewandert – in einer Höhe zwischen 3000 und 4000 Metern. Manche der zahllosen
5000er und 6000er Gipfel bestieg Tichy auch mit Pasang und benannte die
namenlosen Berge. Er besuchte das geheimnisvolle Königreich Mustang,
bewunderte den kunstvollen Kopfschmuck der Frauen in Bing-Ding, der ihn an das
Goldenen Dachl in Innsbruck erinnerte, aß Rüben mit einem kleinen Mädchen in
Muktinath und trank mit dem Polizisten Malik in Mustang Tee und in Omosom am
Ufer des Kali-Flusses Schnaps. Zum Abschluß der Wanderung vereinbaren Pasang
und Tichy sich im nächsten Jahr wiederzusehen und einen «very high peak» zu
besteigen. Es ist der Cho Oyu, den Tichy im Folgejahr tatsächlich im von ihm
kreierten Alpinstil erstbesteigt.
Neuauflage 2009; erste Auflage 1954
Wie die anderen Neuauflagen ist auch dieses mit Illustrationen von Herwig Zens
bereichert.