Landkarten ordnen den Raum und bestimmen die Verhältnisse seiner natürlichen
und politischen Elemente. Wer über die entsprechende kartografische
Lektüretechnik verfügt, dem steht die Karte als räumliches
Orientierungsmittel, als politische Entscheidungsgrundlage oder als Instrument
der sozialen Selbstverortung zur Verfügung.
Auch die Kartografie des 19. Jahrhunderts hat dieses Ziel verfolgt und dafür
eigene Wege und Methoden entwickelt. Dank wissenschaftlicher Präzision,
abstrakter Ästhetik und organisatorischer Innovation hat sie Produkte
hervorgebracht, die sich einer neuartigen Legitimation durch Verfahren
erfreuten. Die neuen Bilder ermöglichten gleichzeitig eine nationalistische
Lektüre die Landschaft und die kartografische Reproduktion der Nation.
Die Selbstverständlichkeit, mit der sich Karte und Nation gegen Ende des
Jahrhunderts schliesslich zur Deckung bringen liessen, hat eine Geschichte,
die nur als historische Konfiguration von Politik, kartografischer Ordnung und
Landschaft verstanden werden kann. Sie ist Gegenstand dieses Buches. Am
Beispiel der schweizerischen Landesvermessung, die zwischen 1832 und 1865
unter der Leitung von General Guillaume-Henri Dufour durchgeführt worden ist,
untersucht ‹Topografien der Nation› die sozialen Voraussetzungen der
kartografischen Lesbarkeit der Welt.